Als sich ein weiterer junger Mann kurzfristig in unser Gespräch einmischte, wanderte meine Aufmerksamkeit zu ihm. Marshall ging als erster auf ihn zu und versuchte ihn anscheinend etwas um den Finger zu wickeln -und das konnte er mitunter besser als ich-, und kurz darauf konnte auch Cassy sich einen schnippischen und genervt klingenden Kommentar nicht verkneifen, ehe sie einen etwas freundlicheren im Nachklang los ließ. Da sie hier Kellnerin war erinnerte sie sich vermutlich wieder an ihre freundliche Art, die sie an den Tag legen musste. Ich schmunzelte und beobachtete das ganze Geschehen einfach. Der Gute sah noch sehr jung aus und ich bezweifelte, dass er Interesse an irgendwelchen meiner Deinste hatte -ganz gleich an welchen. Trotzdem war ich neugierig, wie sich die Situation noch entwickeln würde. Ich konnte der Aussage der Kellnerin nur gedanklich beipflichten, da auch ich den jungen Mann noch nicht hier gesehen hatte... und eigentlich kannte ich mindestens genauso viele Menschen, wie die Blonde selbst.

Die Unterhaltungsdame (Marshall), dessen Frage ich unbedacht und vorschnell beantwortet hatte, schenkte mir als Erstes die Aufmerksamkeit. Ich musterte ihn einen Moment, betrachtete vor allem das rote Kleid mitsamt Korsett und hochgeschürzten Rock, während schwarze Spitzen das Bild abrundeten. Eine wundervolle Robe, dies musste ich mir eingestehen. Mich faszinierte schon immer jegliches, das mit Mode zu tun hatte. Durch Kleidung konnte man sich ausgesprochen gut neu erfinden und inspirieren. Meiner Meinung nach konnte Mode mehr als nur Bekleidung sein. Es sagte viel mehr über Gefühle aus und über einen selbst, als man denken mochte. Mode sollte widerspiegeln, wer du bist, was du fühlst, und wo du hingehst. Und dies schätzte ich sehr.
Ich wurde rasch aus meinen Gedanken gerissen, als mich die Unterhaltungsdame nach elegant nähernden Schritten ansprach. Ich schmunzelte bei den Worten, auf das ein Zwinkern folgte, ehe ich einen weiteren Schluck meines Drinks nahm. Ich war durchaus erleichtert, dass meine Worte keinen großen Ärger eingebracht hatten. Denn dies war schon viel zu oft passiert. Meine Wortwahl war nicht immer die Beste und kam oft beleidigender rüber als beabsichtigt. Wenigstens schien die Unterhaltungsdame nicht allzu viel Ernst an meiner großen Klappe zu sehen, sondern viel mehr Humor.
Da kam eine weitere Stimme hinzu, die mich aufmerksam machte. Ich lehnte mich ein Stück nach hinten, um an der Unterhaltungsdame vorbeizuschauen, und traf den Blick der blonden Kellnerin. Meine Miene wurde ernster, als mich der schnippische Ton traf. Schon lag mir zur Abwehr ein weiterer Spruch auf der Zunge, den ich mir fix zwanghaft verkniff. Ich hatte es zu Beginn schon vermasselt, dies weiterzuführen, wäre nur unbrauchbar und belastend. Stattdessen wandte ich mich kurz ab, begann die Zeitung wieder zusammenzufalten und anschließend wegzulegen, um mein bewusstes Schweigen zu überbrücken. Kurz darauf hörte ich jedoch erneut die Kellnerin, die nun einen sympathischeren Ausdruck aufsetzte. Kurz verwundert über den Wandel, wollte ich nicht groß über den Grund nachdenken. So wollte auch ich es beim Friedlichen belassen.
"Nun, ich bin neu in der Stadt", begann ich und bekam wenigstens ein sanftes Lächeln auf die Lippen, um anschließend bedächtig zu nicken. "Erst vor einigen Tagen hergezogen."
Ich zögerte einen Moment, ehe ich mich vom Hocker erhob und der Kellnerin gegenüberzutreten, um ihr anschließend entgegenkommend die Hand auszustrecken. "Mein Name ist Oliver. Oliver Coleman."
Auch wenn der Beginn ein wenig holprig und negativ gestimmt war, hoffte ich nun, das weitere Kennenlernen würde geschmeidiger laufen. Bewusst Feinde machen wollte ich mir schließlich nicht, dies war hoffentlich auch bei anderen nicht der Fall. Mein Blick wanderte kurz zu der zweiten Unterhaltungsdame (Felizia), die seit meinem Einmischen zunächst geschwiegen und beobachtete hatte. Ebenso an sie wandte ich ein sympathisches Lächeln, ehe meine Aufmerksamkeit zu der Blonden zurückkehrte.

Ich erwiderte Olivers, er stellte sich bald vor, Schmunzeln mit einem meiner patentierten strahlendem Lächeln und schwang mich elegant auf einen der Barhocker, um mir ein Glas Whisky zu bestellen und zu beobachten wie unser junger Gast zu Cassiopeia ging, die einmal mehr kurz ihr eigentliches Wesen gezeigt hatte, ehe sie es wieder auf Kundenfreundlich umstellte, was mich leicht grinsen lies. Die blonde Kellnerin konnte schon sehr schnippisch werden, wenn sie nicht aufpasste. Oliver war neu in der Stadt, das war mit seinem Verhalten verbindbar und erklärte warum keiner von uns ihn gekannt hatte.

Nach einer Weile sah ich, wie der Fremde sich von seinem Platz erhob und auf uns zukam -vorwiegend um sich vorzustellen und Cassy friedlich die Hand zu reichen. Sein Name war Oliver Coleman und er machte auf mich nicht den Eindruck, als würde er gezielt nach Ärger suchen. Viele Menschen drückten sich einfach gelegentlich falsch aus, ohne es zu bemerken. Als er auch mir ein freundliches Lächeln schenkte, erwiderte ich es und schenkte ihm ein Kurzes nicken ehe ich ein freundliches "Freut mich dich kennen zu lernen -willkommen in der Stadt!, von mir gab und einen weiteren Schluck meines Getränks zu mir nahm. Marshall kam ebenfalls wieder her und schwang sich elegant auf einen Barhocker -und ein Mal mehr verblüffte er mich mit seiner Leichtigkeit.
"Marshall, du bist die geboren Unterhaltungsdame -manchmal noch mehr als ich selber!", sagte ich schmunzelnd zu ihm und musste daran denken, wie tollpatschig ich manchmal sein konnte.

Ich kicherte leise und überschlug damenhaft die schlanken Beine. Alles Übung, aber bei dir macht eben was anderes deinen Charm aus. Ich lächelte Felizia fröhlich an. Du überzeugst die Herren mit deiner Natürlichkeit Feli.

Ich hob überrascht eine Augenbraue, als sich der mir Unbekannte plötzlich erhob und auf mich zukam. Kurz schenkte er Felizia sein Lächeln, bevor er sich ganz mir zu wandte und mir die Hand hinhielt. Scheinbar war er ja doch gut erzogen. Ohne zu zögern ergriff ich seine Hand und schüttelte sie erfreut.
Oliver also. Na dann, freut mich dich kennenzulernen, Oliver und willkommen in unserer bescheidenen Stadt, antwortete ich bereits viel freundlicher und schenkte ihm ein ehrliches Lächeln.
Ich hoffe doch, dir gefällt es hier?, erkundigte ich mich noch und sah ihm während unseres kurzen Gesprächs in die Augen, um seine Mimik erkennen zu können.