Im Wald wurde Lae langsamer und entspannter. Sie schien jetzt ruhig. Ich kraulte sie und trieb sie weiter an. Ich entspannte mich ebenfalls und war ausnahmsweise ruhig

<< kommt von: Felder

Die letzten paar Meter bis zum Waldanfang legte Nox noch einen letzten Spurt hin, dann gingen wir schon wieder neben Geneviève und Laetus. Schon tauchten wir in die Schatten der Bäume ein. Die Luft war hier gefühlt kühler und man konnte das leise Zwitschern von Vögeln hören. Irgendwo tiefer im Wald hämmerte ein Specht gegen die Rinde. Der Wind lies das Laub rascheln und das Klappern der Hufe wurde von dem weichen, federnden Waldboden gedämpft. Zögerlich schickte die Sonne ihre sanften Strahlen durch die Kronen und malte geheimnisvolle Muster ins Reisig und ins Moos.
Ich spürte, wie Noctis langsam ruhiger wurde und wie seine Ohren aufmerksam in alle Richtungen zuckten. Manchmal ließ er sich wirklich leicht ablenken, doch jetzt war das nicht weiter schlimm, so lange er bloß nicht seiner Weggefährtin auflief.
Ich linste zu Geneviève hinüber.
Hier ist es...nicht schlecht. Bist du öfters hier?, wollte ich nun von ihr wissen, da die Stille im Wald schon ein wenig gespenstisch war - auch wenn man sie durchaus genießen konnte.

Ich schwieg eine Weile. Dann nickte ich Ja. Ich mag den Wald und Lae kommt hier gut runter. meinte ich lächelnd und kraulte meine Stute immer wieder. Sie schnaubte wohlig. Ich sah ihn an reitest du oft aus? fragte ich ihn neugierig.

Ich musste einen Augenblick auf meine Antwort warten, aber dann vernahm ich Genevièves Stimme von der Seite und ich wandte ihr den Kopf wieder zu. Tatsächlich schien es so zu sein, als würde das vorher noch so aktive Rennpferd die Ruhe und die Atmosphäre hier genießen. Ich nickte wissend. Auch auf Nox hatte der Wald einen ganz anderen Einfluss, als der Reitplatz. Hier konnte er mal seine neugierige Seite ausleben, ohne dass er auf Hindernisse zugetrieben wurde - auch wenn das zu seiner Leidenschaft gehörte und er mehr über Stangen flog, als dass er zum Springen gezwungen wurde. Ich könnte meine Pferde niemals zu etwas zwingen. Nicht so, wie es mein Vater mit mir oder seinen auszubildenden jungen Pferden oft getan hatte. Zwar hatte Vater stets darauf geschaut, die Pferde nicht zu früh einzureiten - erst ab drei Jahre, dann konnten sie mit vier oder fünf perfekt Turniere gehen - dennoch war er jeden Moment des Trainings unbarmherzig streng gewesen. Und war es immer noch. Nicht dass ich es schlimm finden würde. Man musste hart durchgreifen können, wenn man Pferde züchtete und ausbildete - aber sein ganzes Leben danach zu richten... Ich schüttelte diese Gedanken wieder ab. Ich konnte nur froh sein, dass mein Vater mich streng erzogen hatte. Sein einziger Wille war immer nur der, dass aus seinen Kindern etwas wurde. Ich würde ihn nicht enttäuschen.
Genevièves Frage viel mir wieder ein und ich lachte trocken auf. Es beinhaltete keinen Funken Freude und meine Augen strahlten bitteren Glanz aus.
Du meinst neben dem Privatunterricht, den vier Stunden Training den vielen Turnieren? Ausritte sind doch was für Amateure! Für Freizeitreiter!, zitierte ich meinen Vater und schüttelte den Kopf. Dann meinte ich mit leiser Stimme, so dass man es fast nicht mehr hören konnte:
Als hätte ich jemals Zeit für so etwas... Ich tätschelte Noctis' Hals und ließ ihm längere Zügel.

Ich schnaubte bei seinen harten Worten. weißt du...mit solch einer Einstellung wirst du nie etwas gewinnen Raph... meinte ich dann und ließ Lae ebenfalls lange Zügel. Kurz schien die Stute zu überlegen, ging dann aber in einem gemütlichen Trab weiter. Pferde brauchen vorallem Liebe. Wenn sie immer nur das gleiche sehen, werden sie kaum Leistung erbringen. Oder nicht sehr lange Leben das war meine Einstellung zu so etwas.

Ich bekam die Reaktion auf meine Antwort, die ich erwartet hatte. Was sollte sie denn auch von meinen Umständen verstehen? Hatte wahrscheinlich ein tolles Leben. Ritt nur zum Spaß. Musste nie Leistungen erbringen. Sie würde meine Erklärungen nicht verstehen, warum ich so dachte. Und was sie dazu sagte, war mir eigentlich auch komplett egal. Sie wollte Jockey werden oder so etwas in der Art. Sie hatte ja keine Ahnung vom Springsport und noch weniger, wie es war, als Sohn eines reichen Pferdezüchters aufzuwachsen.
Ich richtete meinen Blick stur geradeaus und schenkte ihr keine Beachtung, als ich antwortete.
Erzähl mir du nichts von Pferden. Ich war gerade mal zwei, als ich das erste Mal auf einem saß. Ich habe jede freie Minute meines bisherigen Lebens bei Pferden verbracht und wenn du denkst, du kannst mir was von Leistung und Siegen erzählen, hast du dich gehörig geschnitten! Ich atmete kurz durch und versuchte, die vibrierende Wut in mir drin unter Kontrolle zu bringen. Ohne es wirklich zu merken hatte ich Nox' Zügel härter aufgenommen, woraufhin mein Rappe die Ohren nach hinten gedreht hatte und warnend schnaubte.
Reiß dich zusammen! Lass sie doch reden. Geht dich ja nichts an!, versuchte ich mich in Gedanken zu beruhigen und sah zu, dass ich die Schärfe aus meiner Hand nahm und Noctis sich wieder entspannen konnte.
Ich hab mehr Turniere gewonnen, als du zählen kannst. Und weißt du warum? Nicht etwa weil ich ausreiten war. Sondern weil ich trainiert habe! Jede einzelne Minute meiner Freizeit! Ich starrte mit düsterem Gesichtsausdruck vor mich her.

Ich hielt Lae an und du hattest dabei Spaß? Hast dich jedesmal auf deine Tuniere gefreut? meinte ich leise. Dann schüttelte ich den Kopf. Ich kann dich nicht verstehen. Will ich auch nicht. Ich liebe Laetus und will meinen Traum aus Spaß, aus eigenem Ehrgeiz erfüllen. Nicht weil mein Vater mich dazu getrimmt hat meinte ich und lächelte weiter. Dann trieb ich Lae an. mir ist egal, wie viele Tubiere du gewonnen hast. Ich reite erst seit 2 Jahren und hab Lae seit 3 Monaten. Na und. Für mich zählt der Spaß an dem Gefühl auf der Bahn zu sein. Ich liebe es. Ja ich will gewinnen. Doch Lae und mein Spaß gehen vor meinte ich summend und schlug plötzlich einen anderen Weg ein

---> Fluss

Autsch. Der Satz mit ihrem Vater hatte gesessen. Natürlich gab ich das nicht zu. Ich wollte etwas erwidern. Wollte mich verteidigen. Aber wieso verteidigen? Hatte ich etwas falsch gemacht? Nein! Und ob sie mich jetzt verstand oder nicht interessierte mich einen Deut!
Ich hab meine Pferde nie schlecht behandelt, falls du das damit andeuten willst. Denn wenn du das denkst, dann tut es mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Und Noctis und Ferox arbeiten gerne - sie werden nicht gezwungen. Mag sein, dass du aus Spaß reitest, andere wollen aber Erfolge sehen. Und ein und das andere haben leider nicht viel gemein. Ich sagte das so leise, dass ich mir nicht sicher war, ob Geneviève mich gehört hatte. Und wenn schon. Sollte sie ihren Spaß haben. Sie und ihr Rennpferd. Ich würde mich von ihr nicht provozieren lassen.
Stattdessen bemerkte ich, wie sie einen anderen Weg eingeschlagen hatte. Ich hielt Nox an. Meine Laune war gerade so dermaßen gesunken, dass ich eigentlich keine Lust mehr hatte, weiterzureiten. Doch weil ich gerade keine Ahnung hatte, wo ich mich befand, musste ich ihr wohl oder übel nachreiten.
Seufzend drückte ich meine Schenkel zusammen und trieb Nox zum Trab an. Mein Pferd spürte wie schon so oft meinen Stimmungsumschwung und zog ausnahmsweise mal nicht an den Zügeln. Er war so lamm brav und gehorchte auf jede Gewichtsverlagerung, dass zumindest das mich etwas aufmuntern konnte. Missmutig ritt ich Geneviève hinterher, wenn ich auch größeren Abstand hielt als vorher.

>> geht zu: Fluss

Am Wandrand angekommen, hüllten uns die schützenden Baumkronen immer mehr in einen angenehmen Schatten. Es war sehr angenehm, nachdem uns die letzten Minuten pausenlos die Sonne verfolgt hatte. Außerdem herrschte im Wand noch mal mehr Leben, als auf der Wiese vorher: Überall zwitscherten Vögel, flogen herum, Eichhörnchen bahnten sich ihren Weg, irgendwo war ein Specht zu hören und es gab so viele Eindrücke, dass meine beiden Hengste Interessierte ihre Ohren hin und her drehten, während die Köpfe von rechts nach Links gingen. Grinsend beobachtete ich das Spektakel und sah wieder zu meiner Zimmergenossin zurück, die nur ein Stück versetzt hinter mir lief.

kommt von: Die Wiese

Nachdem wir auf der offenen Wiese die wärmende Sonne im Rücken gehabt hatten, war die schattige Atmosphäre im Wald sogleich etwas anderes. Kaum tauchte ich mit Diamond unter das gemischte Blätterdach, spürte ich, wie kühl es hier im Gegensatz zu vorher war.
An manchen Stellen suchte sich die Sonne ihren Weg durch die dichten Blätter und malte fantasievolle Muster auf den weichen, federnden Waldboden. Reisig und Blätter knisterten bei jedem Schritt und ich war so mit Schauen beschäftigt, dass ich gerade noch rechtzeitig stehen blieb, ehe ich in Felizia hinein lief.
Irgendwo über uns zwitscherten kleine Vögel und in der Ferne klopfte ein Specht gegen die Borke. Es roch nach frischer Luft und der Duft, der mir in die Nase stieg, erinnerte mich an ein paar Wildkräuter, deren Namen ich vergessen hatte. Es war wirklich wunderschön hier. Tief atmete ich die klare Luft ein.
Hier könnte ich echt ewig bleiben!, meinte ich sanft lächelnd und begann dann, Diamond zwischen den Ohren zu kraulen.

"Oh ja, hier ist es einfach toll -ruhig, friedlich und Natur pur. Hier fühle ich mich immer am wohlsten!", stimmt ich Cassy zu und konnte mich an der wunderschönen Umgebung gar nicht satt sehen. Wälder hatten etwas so friedvolles an sich... zuhause war das neben dem Strand einer meiner absoluten Lieblingsorte zum ausreiten. Mit einem Blick zur Seite beobachtete ich meine Zimmergenossin, wie sie Diamond zufrieden lächelnd zwischen den Ohren kraulte -die beiden gaben jetzt schon ein tolles Team ab und ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass die kleine Haflingerstute genau das richtige Lehrpferd für den Blondschopf war. Die Reitstunden würden sicher unheimlich interessant werden!
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Salvatore sich den nächsten Unfug in der Ruhe ausdachte: Er zupfte an einem herunterhängen Ast herum und hatte unwahrscheinlichen Spaß daran, nach diesem zu schnappen, sobald er hoch pitschte und wieder herunter kam. Zeitgleich stand Jaden mit hoch erhobenem Kopf da und beobachtete den Jungspund, während er die frische Waldluft mit großen Atemzügen in seine Lungen beförderte.
" Den Pferden scheint es hier auch sehr gut zu gefallen -was ich sehr gut verstehen kann. Das hier ist ein Paradies für Pferd und Reiter!"

Ich nickte und sah mich noch kurz um, bevor sich ein leises Grinsen auf meine Lippen schlich.
So etwas kenne ich erst, seit ich hier bin. In Norwegen, da gibt es sehr viele Wälder, aber keine wie diese hier. Der Boden ist bereits im Herbst mit Schnee bedeckt und die Äste sind vereist. Ich ließ meinen Blick über die verworrenen Arme der Bäume schweifen und stellte sie mir in meinem Kopf weiß-glitzernd vor.
Und außerdem schafft man es fast nicht, im Wald auf keinen Elch zu treffen. Ich kicherte leise, dann sah ich wieder zu Felizia. Ich musste eingestehen, das mir meine Heimat fehlte. Auch wenn es hier ganz schön war - zugegebenermaßen.

Wollen wir weiter? Oder zurück zum Stall? Ich weiß gar nicht, wie spät es ist, fiel mir da ein, auch wenn ich keinen Grund wusste, warum wir unbedingt zurückgehen mussten. Essenszeit würde ja wohl noch nicht sein, oder doch? Ich hatte leider keine Uhr dabei und mein Handy lag im Rucksack im Internatszimmer, weshalb ich fragend zu Felizia sah.

"Dafür kenne ich solche Ausreitgelände nicht -dabei ist es bestimmt auch super schön!", sagte ich grinsend und überlegte kurz, als sie ihre Frage an mich richtete. Ich hatte schon langsam Hunger und die Klamotten wollten ja auch noch eingeräumt werden -zumal ein paar Reitsachen in die Schmutzschleuse konnten. Mit einem Blick auf meine Jungs meinte ich dann nur "Lass uns zurück gehen und den Rest noch erkunden... am besten erkunden wir als erstes Richtung Speisesaal. Bitte sag mir ich bin nicht die Einzige von uns, die wahnsinnigen Hunger hat!".
Ich lachte kurz und wartete ihre Antwort ab, während ich mit meinem Zeigefinger mein Handy aus der Hosentasche pulte. Ein Blick aus das Display zeigte mir, dass es eigentlich noch recht früh war -um die Mittagszeit herum. Schulterzuckend drehte ich mein Handy zu Cassy um, damit sie die Zeit sehen konnte.

(sagen wir, es ist so halb eins?)

Ich nickte zustimmend. Das hier war einfach großartig. Ein wahres Paradies für Pferde. Doch bei Felizias nächsten Satz musste ich grinsen.
Ich habe riesigen Hunger! Hoffentlich haben wir die Essenszeit noch nicht verpasst. Ich lächelte breit und merkte erst jetzt, wie mein Magen tatsächlich zu knurren begann. Es gab ja nicht nur hier etwas zu erkunden, der Hof und die verschiedenen dazugehörigen Reitplätze waren für mich genauso spannend. Ich wollte einfach alles sehen!
Ich starrte kurz auf das Display des Handys und nickte dann. Kurz
Also kehren wir um - und hoffentlich finden wir diesmal auch gleich beim ersten Versuch zurück, grinste ich und wendete Diamond vorsichtig. Kurz wartete ich noch auf Felizia, da es mit zwei Pferden sicher nicht so einfach war wie mit nur einem Pferd, und machte mich dann daran, voraus aus dem Wald zu gehen.

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